Als am 3. Mai 1525 in der Morgenfrühe die Burg Teck wie eine übergroße Fackel den heraufkommenden Tag mit einem Fanal begrüßte und nur wenige Stunden später der Schlossberg zu Dettingen in Flammen stand, war das für die aufrührerischen Bauern auf der Hahnweide Warnung und Siegeszeichen zugleich.
Die Warnung galt all denen, die sich dem Anliegen der Bauern verweigerten, nämlich die Wiederherstellung alter Rechte, Verringerung der Lasten durch Fron und Abgaben und nicht zuletzt die Abschaffung der Leibeigenschaft. Die brennende Teck aber, die beim Aufbruch des Bauernheeres von der Hahnweide bei Kirchheim als Siegeszeichen verstanden wurde, war das Menetekel für dessen Untergang in der Schlacht bei Böblingen am 12. Mai 1525.

Wilhelm Zimmermann im Alter von 40 Jahren, 1848 als Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung.
„Wer Feuer sät, wird den Tod ernten“ – diese Sentenz in der Abwandlung zu Hosea 8 Vers 7 im Alten Testament galt von Anfang an, auch wenn der Aufstand des „Gemeinen Mannes“ zunächst erfolgreich zu sein schien. Der Überfall auf Schloss Stocksberg in der Osternacht vom 16. April brachte dem Anführer Hans Wunderer von Pfaffenhofen – von ihm wird noch zu reden sein – „6 Hackenbüchsen, 15 Handbüchsen, 2 Falconetlein und 1 Pöller“, auch weil Verrat den Angreifern in die Hände gearbeitet habe, wie Wilhelm Zimmermann in seiner Allgemeinen Geschichte des großen Bauernkriegs (Bd. 2, S. 316) vermerkt. Nicht anders ging es beim Hohenstaufen zu, der am 29. April von 300 Mann unter der Führung von Jörg Bader erobert und angezündet wird. Die Besatzung, 32 Mann stark, gab ein paar Schüsse ab, schüttete heißes Wasser und Steine von den Mauern herab – und floh. Ironisch merkt Zimmermann über die eroberten Geschütze an, dass „deren bessere Bedienung allein schon das Schloß gerettet hätte.“ (Bd. 3, S. 349f.) „Geschürt von der emsigen Hand der Bauern schlugen bald die Flammensäulen des Schlosses hoch auf in den Nachthimmel wie die Morgenröthe einer neuen Zeit“, schreibt er und weiter: „Darin aber, daß sie eine solche Feste so leicht gewonnen hatten, sahen die Bauern den Beweis, daß Gott mit ihnen und ihrer Sache sey.“ (Bd. 3, S. 350 f.)
Am 30. April kommt der 5000 Mann starke Haufen vor Kirchheim an, übernimmt die Stadt und schlägt das Lager auf der Hahnweide auf. Die beiden Bauernführer, Matern Feuerbacher und der bereits erwähnte Hans Wunderer, führen nun drei Tage lang das erbärmliche Schauspiel um die Zerstörung der Teck und des Dettinger Schlossbergs auf. Wo Feuerbacher, stets auf Mäßigung und Ausgleich bedacht, betont, man habe anderes zu schaffen, als eine für den Kriegszug unbedeutende Burg wie die Teck zu verbrennen, wo doch der Bauernjörg mit Heeresmacht heranziehe und die drei Hakenbüchsen auf der Burg könne man auch so ge-winnen, verlangt der fanatische Wunderer mit sich steigernder Wut, dass die Teck brennen muss. Er schickt in den Morgenstunden des 3. Mai hinter dem Rücken Feuerbachers den Profossen Hans Metzger mit einem kleinen Trupp zur Teck hinauf und wenig später sind Flammen und Rauch auf dem Teckberg ein weiteres Mal das imaginierte Siegeszeichen. (Bd. 3, S. 358)

Wilhelm Zimmermann, 62 Jahre alt
Der junge Wilhelm Zimmermann war 1849 als Abgeordneter im Paulskirchenparlament bereits nicht nur als Gelehrter, sondern auch politisch ein Schwergewicht. 1832 zum Doktor der Philosophie promoviert und nach Jahren als Privatgelehrter 1847 auf den Lehrstuhl für deutsche Sprache, Literatur und Geschichte an der Polytechnischen Schule in Stuttgart berufen, war er eine Idealbesetzung. Aus Sicht der Obrigkeit war er aber das genaue Gegenteil. Vom freiheitlich-revolutionären Geist des Vormärz angesteckt, vertrat er die Städte Schwäbisch-Hall und Crailsheim in der Frankfurter Nationalversammlung. Es konnte nicht ausbleiben, dass er, hoch gebildet und selbstbewusst, mit seinem Fortschrittsgeist und seinen revolutionären Ideen in Konflikt mit seinen Vorgesetzten geriet. 1851 wurde er aus dem Staatsdienst entlassen. In den folgenden Jahren wirkte er, in den Staatsdienst zurückgekehrt, als Pfarrer in Leonbronn und Schnaitheim, ab 1872 in Owen. Der skeptische Blick des 62-Jährigen auf dem Stich aus einer 1869 erschienen Familienchronik verrät, dass er sich wohl bewusst ist, dass er sich wie die Protagonisten seines Hauptwerks der reaktionären Obrigkeit beugen musste.
Die Allgemeine Geschichte des großen Bauernkrieges, in drei Bänden von 1841-43 erschienen, galt lange als gründlichste wissenschaftliche Aufarbeitung der epochalen Ereignisse von 1525. Das 20. Jahrhundert wollte aus Zimmermann gar einen „sozialistischen Arbeiterschriftsteller“ machen – eine sowohl historisch wie geistesgeschichtlich grandiose Fehleinschätzung seines wissenschaftlichen Credos: Wer der Geschichte sich weiht, dem muß es um die Wahrheit zu thun seyn und das Wohl der Menschheit, nicht um Gunst. Es ist schön, der Gegenwart zu gefallen; besser aber ist es, der Zukunft zu genügen. (Zimmermann, Bd. 1, S. 7).

Dr. Balthasar Friedrich Wilhelm Zimmermann verstarb am 22. September 1878 in Mergentheim. Seine letzte Ruhestätte fand er in Owen zusammen mit seiner Frau Louise Zimmermann, geb. Dizinger. Die schmucklose Grabstelle liegt im Winkel beim nord-westlichen Strebepfeiler der Marienkirche. Eine Gedenktafel, die darüber angebracht ist, erinnert an einen Mann, dessen Wirken und Werk die Ereignisse und politischen Kämpfe des 19. Jahrhunderts widerspiegelt – insbesondere seine freiheitliche Auffassung als Befürworter einer „deutschen Bundesrepublik“ schon 1848.
Literatur: Wilhelm Zimmermann, Allgemeine Geschichte des großen Bauernkriegs, Stuttgart 1841 (3 Bände).
Dr. W. Zimmermann´s Großer Deutscher Bauernkrieg. Herausgegeben von Wilhelm Blos. Illustriert von Victor Schivert und O.E. Lau, Stuttgart 1891.
Header: Die brennende Burg Teck, Bearbeitet Ausschnitt aus einer Illustration in Blos 1891 (s.o.).
Zimmermann 1848: Lithographie von Fritz Hickmann (1820-1900) nach einer Portraitfotografie von Carl Hermann Biow (1803-1850). Biow wurde zu Lebzeiten durch seine Porträtfotografien von Politikern, Prominenten und wohlhabenden Bürgern bekannt; seine Parlamentarierporträts der ersten deutschen Nationalversammlung in der Paulskirche in Frankfurt 1848/49 sind legendär.
Zimmermann 1869: Stich aus einer 1869 erschienen Familienchronik.
Gedenktafel: Marienkirche Owen, nordwestlicher Strebpfeiler, Rückseite.
Erstveröffentlicht in Gemeindebrief kreuz & quer der evangelischen Kirchengemeinde Owen, nur Text.