Das Pestbild von 1542

Das Pestbild von 1542
Besonders in den Jahren 1542, 1572, 1574, 1610 und 1635 wurde das Lenninger Tal und vor allem Owen von der Beulenpest heimgesucht. 1635 sind es allein in Owen 544 Tote. Das Pestbild von 1542 erinnert an diese schweren Jahre.

Das Bild weist in dreierlei Hinsicht besondere Aspekte auf: Da ist zum Einen in der linken oberen Ecke das Säubad dargestellt. Ein Badegast erholt sich auf einer Liege von den Anstrengungen des Badens. Darüber steht als Hinweis „Das Säubad“. In der rechten oberen Ecke findet sich in gleicher Schrift in kleineren Lettern die Inschrift „Kranke die in das Bad kommen“. Im Vordergrund des Bildes sind Sieche gemalt, die alle entweder durch ihre Blessuren und Krücken oder wie der Mann ganz links mit dem „Badebeutel“ als Badegäste ausgewiesen sind. Die Mitte des Bildes bildet ein Opferstock mit einem Schloss und eisernen Bändern. Etwas nach links versetzt steht eine Bürgersfrau in reichem Habit, die Brot und Wein als Spende zum Bad bringt. Zwischen beiden ist eine „blinde“ Stelle zu erkennen, deren Herkunft (oder Zweck?) nicht erklärt werden kann.

Den Hintergrund des Bildes dominiert die idealisierte Darstellung von Owen; sie zeigt unperspektivisch die südliche und westliche Seite der Stadt, letztere erstreckt sich augenscheinlich bis in den nördlichen Bereich der Stadtbefestigung, wo einmal das Kirchheimer Tor stand. Der von den Stadtmauern flankierte Turm trägt über dem Tor ein Stadtwappen. Er befindet sich an der Stelle, an der sich früher das „Törle“ befand, der Turm rechts ist das Obere Tor. Im Hintergrund wird die Stadt vom Hohbol überragt.

Die Bildunterschrift gibt einen Hinweis zur Herkunft des Pestbildes:
Vatter Abraham sende Lazarum das er mir das auszwendigest thail in dasz waszer tauche, vnd // labe meine zunge, dan Ich wirdt Sehr peiniget in disem flammen. Lucae 16. an(no) 1542

Direkt darunter steht kaum lesbar: Ren: 1675 und in der Ecke unten rechts: Erneuert 1803.

Mit dem Verweis auf das Lukas-Evangelium weist sich das Bild als eine Allegorie auf das Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus (Lukas 16, Vers 19-31) aus. Im Säubad – der reiche Mann auf einem Ruhebett, links und rechts – Sieche, zum Teil mit Krücken, Bürgersfrau nahe der Bildmitte in reicher Kleidung – Spende von Brot und Wein und der eisenbeschlagene Opferstock in der Bildmitte – eine plakative Aufforderung zur Geldspende. Das Bild hing einst über einem Opferstock der Marienkirche, ab 1884 im Eingang zum Chor, und sollte wohl Reiche bildhaft dazu auffordern, eine Spende in den Opferstock einzulegen, damit sie nicht das Los des reichen Mannes in der Hölle treffen möge. Es wird vermutet, dass das Bild ursprünglich aus einem Spital stammen könnte. Bis zu seiner Integration in die Dauerausstellung im Geschichtshaus hing das Pestbild om Owener Pfarrhaus.

Für die Ausstellung im 2011 eröffneten Geschichtshaus wurde das Bild vom Stuttgarter Restaurator Niclas Hein gründlich mit der Methode Infrarotreflektrografie untersucht und gereinigt; kleinräumige Schäden in Form von Schichtentrennung wurden im Zuge der restauratorischen Maßnahmen behoben. Die Ergebnisse wurden in einem ➤ Gutachten notiert. Bei der infrarotfeflektorischen Untersuchung des Bildes zeigte sich, dass keine kompositorischen Vorzeichnungen sichtbar sind, lediglich die kontrastierende schwarze Umrahmung bei den dargestellten Motiven kommt bei der Infrarotaufnahme besser zur Geltung. Neben den dokumentierten Restaurierungsmaßnahmen (1675, 1803) zeigt die rückseitige Betrachtung des Bildes, dass das in Öl auf Holz gemalte Bild aus drei unterschiedlichen Brettern komponiert ist, d.h. das obere und untere Brett sind in einer späteren Restaurierungsmaßnahme abgefast (d.h. an der Kante abgeschrägt) und angestückt worden. Der Text der Bildunterschrift wurde dabei in Gänze neu aufgemalt.


Eigentümerin des Pestbildes ist die Kirchengemeinde Owen. Es hängt als Dauerleihgabe in der Ausstellung im Geschichtshaus und unterliegt dem urheberrechtlichen Schutz nach ➤ CC Creativ Commons.