Weg- und Straßennamen in Owen

Owener Weg- und Straßennamen
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Der Rooschüzweg
In der Kreuz & Quer-Ausgabe vom Dezember 2006 haben wir uns mit dem Wölfflinweg beschäftigt. Heute soll unser Blick auf den Namengeber des Rooschüzwegs gerichtet sein.

Paul Ludwig Rooschüz wurde 1820 in Hochdorf bei Nagold geboren. Nach Vikarsjahren war er zunächst Pfarrer in seiner Heimatgemeinde, später in Oberriexingen und Möckmühl. Nach der Heirat 1854 mit Auguste Karoline Binder wurde er 2. Stadtpfarrer in Esslingen. Von 1879 bis 1887 wirkte er als Stadtpfarrer in Owen.

Sicher darf man annehmen, dass sich Pfarrer und Gemeinde recht gut verstanden haben. Wie schon Eduard Mörike als Owener Vikar 50 Jahre vorher von der Umwelt, der schönen Natur und der herrlichen Landschaft begeistert war, ging es auch dem Pfarrer Rooschüz. So hatte er wohl bald das Ziel ins Auge gefasst, den Owenern eine Schrift über ihre Stadt-Heimat zu verfassen. Bereits 1884 erschien im Stuttgarter Kohlhammer-Verlag das Buch Owen – seine Geschichte und Denkwürdigkeiten. Liest man dieses Geschichtsbuch durch, ist man erstaunt, wie viel Zeit und Mühe Pfarrer Rooschüz dazu aufgewendet hat. Fast unglaublich, wie viele Unterlagen, Beschreibungen, Biographien, Protokolle, Geschichtsbücher, Kirchenbücher, Urkunden, Erlasse und vieles andere durchgearbeitet werden mussten. Nicht zu vergessen auch die Fahrten nach auswärts zur Quellensuche, bis nach Stuttgart, und das alles für einen vorher noch ganz unbekannten Ort.

Natürlich war auch der Bürgermeister mitsamt dem Gemeinderat an den Studien des Pfarrers interessiert. Hoch erfreut war das ganze Gremium, als in der Gemeinderatssitzung am 6. September 1884 der Bürgermeister bekannt gab, „dass unser hochehrenwürdiger Herr Stadtpfarrer Rooschüz hier ein Exempel seines verdienstvollen Werkes der Gemeindebibliothek gestiftet hat.“ Auf Antrag des Vorsitzenden wurde im Anschluss beschlossen, bei Riehtmüllers Buchhandlung in Kirchheim 15 Exemplare für die Ortsbibliothek auf Kosten der Stadtpflege zu kaufen, dazu weitere 12, davon jeder Gemeinderat ein Exemplar erhalten soll.

Aus der Sitzung des Gemeinderats und Bürgerausschusses am 11. September 1886 erfuhren die Owener, dass Stadtpfarrer Rooschüz – er war bisher bürgerlich in Nürtingen registriert -, um Aufnahme in das hiesige Bürgerrecht gebeten hat. Dies wurde ihm natürlich gewährt. In Anbetracht dessen, dass er schon seit einer Reihe von Jahren anerkennenswerte Wirksamkeit entfaltet und sich als Verfasser des Werkes „Owen – seine Geschichte und Denkwürdigkeiten“ besonders verdient gemacht hatte, wurde von beiden Gremien beschlossen, „Herrn Stadtpfarrer Rooschüz dahier das Ehrenbürgerrecht zu verleihen“.

1887 ging Pfarrer Rooschüz in den Ruhestand. Aus Anlass seines Wegzugs schenkte er für den Rathaussaal ein Bild des deutschen Kaisers, was mit Freuden „acceptiert“ wurde. Leider starb der beliebte Pfarrer schon zwei Jahre später mit 69 Jahren. Nach seinem Tod teilte seine Witwe dem Owener Pfarramt mit, dass ihr verstorbener Mann der Armenkasse in Owen notariell 600 Mark vermacht hatte. Als Rooschüz-Stiftung solle der Zinsertrag an Arme und Kranke gegeben werden. Wir heute können nur danken für alles, was der Ehrenbürger und Pfarrer Rooschüz in und für Owen getan hat.

Wenn hier in Owen Wölfflinweg und Rooschüzweg aufeinander stoßen, passt dies gut zu einem in noch früherer Zeit liegenden Vorkommnis im 30-jahrigen Krieg.Die verhängnisvolle Schlacht bei Nördlingen am 27. August 1634 war geschlagen. Plündernd, mordend, brandschatzend fiel das kaiserliche Heer über das bis dahin weitgehend evangelische Württemberg her. Vergeblich mit anderen Owener Bürgern in der Stadt Nürtingen Schutz suchend, wurde der damalige Pfarrer Wölfflin dort von den kaiserlichen Soldaten ermordet. 114 Personen sollen damals in Nürtingen ums Leben gekommen sein, dazu noch 14 entführt. Zu diesen gehörte auch die Spitalmeistertochter Elisabeth Brenner, die der kaiserliche Corporal Caditsch raubte. Ein schönes Schwabenmädle war damals eine gute Kriegbsbeute. Kurze Zeit danach verstarb der Entführer und der kroatische Stallmeister Roschitz nahm sich der jungen Frau an. Eine Ehe mit ihm versprach sie nur unter der Bedingung, dass er sie wieder in die Heimat zurückbringe. Die Eheschließung fand am 14. September 1637 in Lahr statt. Noch im selben Jahr traf das Paar, begleitet von einigen Offizieren, in Nürtingen ein.

„Von tapferen, wohl angesehenen ehrlichen Eltern geboren“, so gab Johann Roschitz seine Herkunft beim Vogt an. Dort in Nürtingen gründeten beide einen Hausstand, vermutlich in dem Anwesen, das heute noch „Kroatenhof“ heißt. Über viele Jahre war beim Festzug am Nürtinger Maientag auch ein Festwagen mit der Darstellung der Kroatenhochzeit dabei. Durch die Heirat mit der Spitalmeistertochter fand Roschitz trotz der Vorbehalte gegen seine Herkunft mit der Zeit Zugang zu den besseren Kreisen. Von den 9 Kindern, die den Eltern geschenkt wurden, starben einige schon früh. Der 1640 geborene Sohn Matthäus wurde Pfarrer. In diesem Beruf folgten ihm noch etliche in der Nachkommenschaft nach. Wie es früher öfters der Fall war, änderten sich Namen in der Schreibweise. Aus Rooschitz wurde Rooschüz. Viele sind aus diesem Geschlecht hervorgegangen, darunter auch die bekannte Schriftstellerin Ottilie Wildermuth, geb. Rooschüz. Und einer aus dieser Reihe der Rooschüz war auch unser früherer Pfarrer Paul Ludwig Rooschüz. – So schließt sich der Kreis …

Verfasser des Beitrags: Fritz Nuffer. Quelle: Kreuz & Quer. Informationen aus Ihrer Kirchengemeinde Owen, Ausgabe Dezember 2010 bis Februar 2011, Spuren der Zeit. – Paul Ludwig Rooschüz ist Ehrenbürger der Stadt Owen. (Quelle: Württembergische Kirchengeschichte Online)